Ausbildung & Co. Niederrhein Süd Die Bedeutung sozialer Medien

Instagram, Tiktok und Co. sind die Kanäle der Jugend, über die sie sich nicht nur unterhalten lassen, sondern auch zunehmend informieren. Somit spielen sie auch für Unternehmen beim Recruiting eine immer größere Rolle - unter Vorbehalt. Von Theresa Demski 

Foto: Robert Günther/dpa

Wer sich bei Malermeister Daniel Otremba in Essen für eine AzubiStelle bewerben will, der kann den klassischen Weg gehen - und das Bewerbungsformular im Internet ausfüllen. Der kann aber auch ein 60-Sekunden-Video über Instagram schicken und sich vorstellen. Und wenn er schon einmal da ist, dann kann er in den Storys stöbern, die der Geschäftsinhaber und auch die aktuellen Auszubildenden selbst posten. ,,Ein wirklich positives Beispiel, wie Handwerksbetriebe die sozialen Netzwerke nutzen, um Azubis anzusprechen", sagt Thomas Pohl, Berater im Bereich ,,Passgenaue Besetzung" bei der Handwerkskammer Düsseldorf. Inzwischen hat Daniel Otremba sogar die Stelle für einen Videografen ausgeschrieben, um den OnlineBereich professionell zu gestalten.

VORSICHT VOR EINEM FALSCHEN BILD

,,Die Jugendlichen habe diese Kanäle im Blick", sagt Pohl. ,,Man ist dann als Betrieb im Gespräch und kann viel erreichen." Allerdings weiß er auch, dass das Online-Recruiting im Handwerk noch in den Kinderschuhen steckt. Oft hätten kleine Betriebe nicht mal eine Internetseite, um gefunden zu werden. Und damit überließen sie dann auch jenen das Feld, die unseriös unterwegs sind. Das Problem bei Instagram und Tiktok: Es werden auch falsche Vorbilder vermittelt, Berufe werden nicht realistisch dargestellt", sagt er. Dann erzählen Immobilienmakler von großen Villen und unglaublichen Provisionen. Oder Berufe werden romantisiert. Die Folge: Viele Studienabbrecher wollen Tischler werden, weil sie meinen, dann am laufenden Band Designermöbel zu bauen", sagt Pohl. Die Realität holt sie dann auf den Boden der Tatsachen zurück. Deswegen lautet seine Empfehlung: ein Ja zu sozialen Netzwerken beim Recruiting. „Aber dann auch zeigen, wie es wirklich ist, nicht tricksen, ruhig mal witzig sein, aber authentisch rüberkommen."

Um dabei den richtigen Ton zu finden, empfiehlt die Handwerkskammer ihren Unternehmen, ihre aktuellen Auszubildenden einzubeziehen, sagt Anne Kuhlmann von der Handwerkskammer Düsseldorf. Es gebe inzwischen viele positive Beispiele, bei denen das richtig gut gelinge.

BESTE INFORMATIONEN ÜBER DIE WEBSITE

Auch die Industrieund Handelskammer in Düsseldorf unterstützt die Unternehmen bei der Entwicklung von Azubi-Accounts zum Recruiting bei Instagram. „Aber wir halten es für viel wichtiger, dass die Unternehmen erst mal auf ihren Internetseiten über ihre Ausbildungsmöglichkeiten informieren", sagt IHK-Ausbildungsberaterin Ulla Backes. Unternehmen müssten zu finden sein, wenn sich Jugendliche im Netz auf die Suche nach beruflichen Perspektiven machen würden. Währenddessen würden junge Menschen bei Instagram und Tiktok eher zur Freizeitbeschäftigung unterwegs sein. Wir sind skeptisch, ob sie sich dabei mit Fragen zu ihrer beruflichen Zukunft auseinandersetzen wollen, die häufig erst einmal für ein flaues Gefühl in der Magengegend sorgen", sagt Backes. Selten gebe es einen „Klebeeffekt", der potenzielle Azubis zu Followern mache. Und um die Jugendlichen dann überhaupt zu erreichen, müsse ein Post teuer beworben werden.

Vielen Unternehmen würden aber auch schlichtweg die Ressourcen fehlen, um professionell Kanäle bei Instagram und Co. zu betreuen. Stattdessen pflegen sie den Kontakt zu der Schule um die Ecke. ,,Oder sie setzen auf eine besonders hohe Qualität in der Ausbildung", sagt Ulla Backes. Das könne wiederum zu positiver Mund-zu-Mund-Propaganda führen und für ausreichend Bewerber. ,,Es muss also nicht immer Tiktok sein", sagt Ulla Backes.

VIELE JUGENDLICHE SKEPTISCH

Ob sie sich Sorgen mache, dass die sozialen Netzwerke Bilder vermitteln, die zu falschen Erwartungen bei Jugendlichen führen? Instagram verzerrt die Realität", sagt sie, ,,damit sind die Jugendlichen vertraut." Ohnehin habe sie das Gefühl, dass die Schüler mit einem guten Maß an Skepsis ausgerüstet seien, um Bilder richtig einschätzen zu können. Umso wertvoller sei es, wenn Betriebe ihren Auszubildenden genug Vertrauen entgegenbringen, um ihnen einen Azubi-Account einzurichten. Dann stimmt auch die Ansprache."

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