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FINANZEN Spannende Zeiten für Anleger

Im ersten Quartal des Jahres ist die Stimmung in der deutschen Wirtschaft gedrückt, aber die Aktienmärkte eilen von einem Rekord zum nächsten. Was Experten nun für den weiteren Jahresverlauf erwarten und was das für Anleger bedeutet.

Die Weltwirtschaft wächst leicht, Aktienkurse legten hingegen zuletzt stark zu. Dafür sehen Experten viele Gründe. FOTO: GETTYIMAGES/JAMESTEOHART

Vergleicht man die wirtschaftlichen Prognosen mit den Kursentwicklungen an den Börsen, kommt man aus dem Staunen nicht heraus – zumindest mit Blick auf Deutschland. Der deutsche Leitindex Dax legte in den ersten drei Monaten rund zehn Prozent zu und überschritt erstmals in seiner Geschichte die psychologisch wichtige Marke von 17.000 Punkten. Und das trotz verhaltener Ausblicke wichtiger Institutionen wie des Internationalen Währungsfonds (IWF) oder der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Der IWF reduzierte kürzlich seine Erwartungen und rechnet für Deutschland nur noch mit einem geringen Wachstum der Wirtschaft um 0,5 Prozent. Deutschland läge damit in diesem Jahr deutlich unter dem G7-Durchschnitt. Die OECD erwartet einen Zuwachs um nur 0,3 Prozent. Die Bundesregierung ist sogar noch besorgter; sie hat zu Beginn des Jahres im Jahreswirtschaftsbericht 2024 ihre Prognose von 1,3 Prozent auf nur noch 0,2 Prozent reduziert. Die deutsche Wirtschaft komme langsamer aus der Krise als erhofft.

Wie kommt es zu diesem scheinbaren Widerspruch zwischen Dax und BIP, Börse und Wirtschaft? Zum einen erwirtschaften die Dax-Konzerne große Teile ihrer Umsätze in aller Welt, und da sieht es besser aus. Die OECD erwartet einen Zuwachs beim Welt-BIP im Jahr 2024 um 2,9 Prozent, in den USA um 2,1 Prozent und in China um 4,7 Prozent. Die Weltbank ging Anfang Januar von einem Wachstum der Weltwirtschaft um 2,4 Prozent aus. Der IWF erwartete für die USA ein Wachstum von 2,1 Prozent und für China um 4,6 Prozent. In beiden Fällen hob der IWF seine Prognose an. Auch für die Weltwirtschaft insgesamt verbesserte der IWF seine Prognose – von zuvor 2,9 Prozent auf nun 3,1 Prozent. Von daher erklärt sich, dass auch der Weltindex MSCI World in den ersten drei Monaten rund zehn Prozent zulegte.

Der Börsen-Anstieg fiel aber noch stärker aus als der Anstieg der Prognosen, die zudem von großen politischen Unsicherheiten geprägt sind. Zudem wäre das Wachstum historisch unterdurchschnittlich. Für den Optimismus gibt es noch weitere Gründe. So gehen die Märkte davon aus, dass die Zinsen sinken werden – was wiederum Aktien zugute kommt. „Der Zins-Regimewechsel des Jahres 2022 – also das Ende eines gut 40 Jahre andauernden Trends sinkender Zinsen – auch im Jahr 2023 zunächst noch mit steigenden Renditen einherging, gaben die Zinsen von Staats- und Unternehmensanleihen seit Ende September nach. Dieser Trend dürfte sich vorerst fortsetzen, denn die anhaltend schwache europäische Konjunktur sowie die Aussicht auf weiter sinkende Inflationsraten in den kommenden Monaten macht Leitzinssenkungen vonseiten der Europäischen Zentralbank (EZB) ab dem Frühjahr wahrscheinlich“, schrieb Carsten Mumm, Chefvolkswirt bei der Privatbank Donner & Reuschel, kürzlich in seinem Kapitalmarktausblick im Investoren-Fachmagazin ENI (Exxec News Institutional). Diese Aussicht auf sinkende Zinsen dürfte die globalen Aktienmärkte weiterhin beflügeln, vermutet Mumm.

Warum? Wenn die Zinsen und damit die Renditen von neuen Anleihen sinken, verlieren sie an Attraktivität für Investoren, die dann mehr auf Aktien schauen. Zudem sinken mit den Zinsen die Kosten für Unternehmen und Verbraucher, die Kredite laufen haben. Das beflügelt die Wirtschaft und damit die Aktien. Das heißt nun aber nicht, dass Aktien auf jeden Fall weiter steigen. Manche Marktbeobachter gehen davon aus, dass zumindest kurzfristig eine Korrektur anstehen könnte. Mit schwankenden Kursen können Anleger leben, die langfristig orientiert sind. „Wer in den letzten zwanzig Jahren monatlich etwas Geld in den Dax investiert hat, kann sich über eine durchschnittliche jährliche Rendite von 8,5 Prozent freuen“, erklärt das Deutsche Aktieninstitut, das dies mit seinen Rendite-Dreiecken immer wieder belegt. Investoren, die Risiken streuen, können gerade jetzt auch auf den Anleihemarkt schauen. Denn sollten die Zinsen sinken, steigen die Kurse und damit die Renditen der jetzt noch höherverzinsten Anleihen. Das könnte auch für langfristig orientierte Anleger interessant sein, sagte Bastian Gries, Anleiheexperte bei Oddo BHF Asset Management, kürzlich dem Handelsblatt: „Wer jetzt längere Laufzeiten wählt, sichert sich höhere Zinsen und hat zusätzlich die Chance auf Kurssteigerungen.“ Spannende Zeiten also für Anleger, die nicht nur die Unsicherheit der Zeit sehen, sondern auch die Chancen, die darin liegen. JÜRGEN GROSCHE

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