ANZEIGE

RP IM DIALOG Roundtable der WFG Kreis Kleve mit Branchenexperten: Hand in Hand für die Energiewende

Wirtschaftsförderung Kreis Kleve und regionale Branchenexperten über Energiezukunft: Wasserstoff als Schlüsselthema. Ausbau erneuerbarer Energien und nachhaltige Mobilität im Fokus.

In konstruktiver Runde trafen sich Vertreter der Wirtschaftsförderung Kreis Kleve mit Branchenexperten in den Räumen der Rheinischen Post in Düsseldorf. FOTOS: ALOIS MÜLLER
„WIR SIND DER ZUKÜNFTIGE LIEFERANT VON ERNEUERBAREN ENERGIEN, AUCH WASSERSTOFF.“
Christoph Gerwers Landrat Kreis Kleve

Der Aufbau einer Wasserstoffregion Kreis Kleve wäre die Krönung einer Entwicklung, die der Kreis schon seit langem vorangebracht hat. Günstige Voraussetzungen - innovative Landwirtschaft, die bereits erneuerbare Energien nutzt, Ausbau von Wind- und Solarenergie und Akteure, die Vorreiterrollen eingenommen haben - haben den Kreis schon jetzt für die Zukunft gut positioniert, wie beim Roundtable „RP im Dialog: Energiewende - Impulse für den Kreis Kleve“ deutlich wurde. „Wir sind der zukünftige Lieferant von erneuerbaren Energien, auch Wasserstoff“, sagte Landrat Christoph Gerwers. Im Kreis hätten erneuerbare Energien bereits einen Anteil von mehr als 60 Prozent an der Stromerzeugung. „Wir müssen jetzt die Chance beim Schopf ergreifen, um die Region weiterzuentwickeln und die Wertschöpfung im Kreis zu halten“, forderte der Landrat.

Wie sieht es konkret aus im Kreis? Walter Kanders (Windenergie Lindchen) berichtete, dass die Gemeinde Uedem einen Versorgungsgrad durch erneuerbare Energien von 230 Prozent aufweise. Er werde weiter steigen. In und um Uedem gebe es viele Photovoltaikanlagen, Windräder und Biogasanlagen. Die Konsequenz: „Wir unterstützen damit den Kreis.“ Die Stadt Kleve hat einen Versorgungsgrad mit erneuerbaren Energien von 25 Prozent, aber es seien mehrere Projekte in Planung und Umsetzung, erklärte Claudia Dercks (Stadtwerke Kleve). „In naher Zukunft werden wir den Anteil auch durch Projekte der Stadtwerke deutlich erhöhen.“ Dercks weiß darüber hinaus von Unternehmen, die zunehmend auf erneuerbare Energien setzen.

Mix der Energieträger

In Emmerich am Rhein sei die Situation ähnlich, teilte Steffen Borth (Stadtwerke Emmerich) mit. Für Windenergie und Photovoltaik gebe es zudem noch ausreichend Potenzialflächen, die Industrie mache sich ebenfalls Gedanken. Aufgabe der Versorger sei es, einen vernünftigen Mix der Energieträger sicherzustellen. Kritisch sah Borth den Einsatz von Fernwärme. Das funktioniere in Ballungsgebieten, in denen industrielle Abwärme schnell an Verbraucher geliefert werden könne. Im ländlichen Raum seien die Distanzen groß, und es gebe weniger Erzeuger.

In Kevelaer liege der Versorgungsgrad mit erneuerbaren Energien bei der Elektrizität bei 120 Prozent, berichtete Wolfgang Toonen (Stadtwerke Kevelaer). Der Strom werde von Windanlagen produziert und von Photovoltaikanlagen privater Anbieter. Dazu zählen insbesondere die Landwirtschaftsbetriebe im Raum Kevelaer. „Wir planen weitere Windkraftanlagen“, sagte Toonen. Konkret seien bis zu neun Anlagen geplant.

Steht der Kreis also schon gut da, sieht Christian Mildenberger (Landesverband Erneuerbare Energien NRW) noch weitere gewaltige Potenziale. Der Kreis Kleve könne sogar 350 Prozent seines derzeitigen Strombedarfs (aktuell 60 Prozent) mit erneuerbaren Energien decken, sagte Mildenberger. Ein Energieproduzent ist jetzt schon die Landwirtschaft im Kreis Kleve. Sie sei wegen ihrer Innovationskraft ein treibender Motor in NRW, sagte Dr. Franz-Josef Stork (Landwirtschaftskammer). Aber die Tierzahlen gingen zurück, und so suchten die Landwirte nach alternativen Investitionsmöglichkeiten. Der Blick falle auf die Energieproduktion. Der Ausbau von Biogas-, Windkraft- und Photovoltaikanlagen werde allerdings begrenzt durch die Aufnahmekapazitäten der Leitungsnetze. Die Wasserstoffproduktion könne daher eine neue Chance eröffnen.

Claudia Dercks wies darauf hin, dass die Leitungsnetze den Strom auch aus der Region hinaus transportieren müssten, insbesondere, wenn das genannte Potenzial von 350 Prozent erreicht würde. „Wir brauchen daher Informationen über die geplanten Vorhaben.“

Im ländlichen Raum seien die Erzeugungsmöglichkeiten für erneuerbare Energien nahezu unbegrenzt, sagte Mario Wehren (Omexom Elektrobau). Dabei sei der Ausbau der einfachere Teil. „Das Problem ist: Wie gewährleisten wir eine Grundversorgung? Lösungen könnten die Entwicklung neuer Speichertechnologien, intelligente Steuerungen und Regelungen wie eben auch die Wasserstoffproduktion eröffnen. Der Ausbau der Elektromobilität stelle die Netzbetreiber vor die große Herausforderung, die Netze auszubauen und intelligent zu steuern. Dafür brauche es Geld, Akzeptanz und vereinfachte Genehmigungsverfahren.“

Großes Potenzial im Verkehr

Dabei biete der Verkehrssektor viel Potenzial für den Einsatz erneuerbarer Energien, sagte Peter Giesen (Niederrheinische Verkehrsbetriebe - NIAG). „Wir haben den Umstellungsprozess für unsere Fahrzeugflotte gestartet und bereits Aufträge für mehr als 40 Elektro-Busse erteilt, die noch in diesem Jahr ausgeliefert werden sollen.“ Allein für den Verkehrsleistungsbereich der NIAG sind mehr als 300 Fahrzeuge umzurüsten - „da ist ein dickes Brett zu bohren. Dafür brauchen die Verkehrsunternehmen und Aufgabenträger finanzielle Unterstützung.“ Für die Mobilitätsinitiative des Kreises Kleve zeigte sich Giesen bei der Gesprächsrunde in dem Zusammenhang dankbar. Für eine Umrüstung stehe indes derzeit teilweise an den Standorten auch nicht die notwendige Energiemenge zur Verfügung. Giesen erläuterte: „Wir setzen auf Elektromobilitat als ersten Schritt. Beim Einsatz von Wasserstoff für die Antriebstechnik in den Bussen sind wir zurzeit insbesondere aus wirtschaftlichen Gründen zurückhaltend, aber grundsätzlich sind wir offen dafür. Der geplante Umstellungszeitraum auf CO₂-freie Antriebstechnik bis 2035 bietet noch genügend Möglichkeiten für die Berücksichtigung der Wasserstofftechnologie.“

Auf einen anderen Aspekt lenkte Prof. Dr. Oliver Locker-Grütjen (Hochschule Rhein-Waal) den Blick: Zwar stelle die Hochschule auch auf erneuerbare Energien um, wo es möglich sei, und man sei dabei schon weit fortgeschritten. „Zur Energiewende gehört aber auch, über Energie-Einsparungen zu sprechen.“ Hier habe die Hochschule weit mehr als die vorgegebenen 20 Prozent eingespart.

Das Thema enthalte „viele Herausforderungen, aber auch viele Chancen“, fasste Matthias Kötter (Wystrach) die Diskussion zusammen. Transformation führe auch zu Innovation. „Bei uns gibt es viele Unternehmen, die aus den Veränderungen durch die Energiewende mit innovativen Ansätzen neue und nachhaltige Wertschöpfung schaffen.“ Man müsse jetzt schauen, wie die Wirtschaftlichkeit der Energieerzeugung gesichert werden kann. Auch die Erzeugung von Wasserstoff könne im Kreis etabliert werden. Dafür müsse es nun Anreize geben.

VON JÜRGEN GROSCHE

Mehr zum Thema