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Unsere Heimat - Emmerich, Rees, Hamminkeln, Isselburg, Wesel Städtebund „Die Hanse“: Von der heimlichen zur offiziellen Hansestadt

Gehörte Rees einst zur historischen Hanse? Soll die Stadt der modernen Hanse beitreten? Beim Vortragsabend des Reeser Geschichtsvereins beantworteten alle Referenten die Fragen mit einem klaren „Ja“.

Die Kamper Kogge, ein Nachbau mittelalterlicher Handelsschiffe, gilt als größte Attraktion bei Hansefesten in ganz Europa.

Am Ende seines Vortrags konnte Dr. Veit Veltzke nur einen einzigen Grund nennen, aus dem der Reeser Beitritt zum internationalen Städtebund„Die Hanse“ noch scheitern könnte: „Wenn die Stadt Rees ihre Bewerbung zurückzieht.“ Das wird aber nicht passieren, betonte Bürgermeister Sebastian Hense: „Die Hanse ist durchweg positiv konnotiert, eine Mitgliedschaft bringt uns große Vorteile, vor allem für den Tourismus, den wir in Rees weiter ausbauen möchten.“

Im Namen des Reeser Geschichtsvereins begrüßte Klaus Kuhlen Bürgermeister Sebastian Hense, Heimatforscher Heinz Belting und den Historiker Dr. Veit Veltzke.
Im Namen des Reeser Geschichtsvereins begrüßte Klaus Kuhlen Bürgermeister Sebastian Hense, Heimatforscher Heinz Belting und den Historiker Dr. Veit Veltzke.

Der Bürgermeister verwies auf circa 200 Kommunen, die derzeit der modernen Hanse angehören und untereinander ein gutes Netzwerk bilden, das auch Rees Aufmerksamkeit und Fördergelder bescheren kann. Im Juni, wenn im polnischen Gdansk (Danzig) der 44. Internationale Hansetag gefeiert wird, könnte Rees in die Hanse aufgenommen werden. Die entscheidende Voraussetzung für einen Beitritt ist der wissenschaftliche Nachweis einer früheren Mitgliedschaft oder zumindest„Zugewandtheit“ der Stadt Rees zur historischen Hanse. Mit den Recherchen wurde Dr. Veit Veltzke beauftragt.

Der Historiker und frühere Leiter des LVR-Niederrheinmuseums Wesel präsentierte seine Studien schon im Oktober 2023 im Kulturausschuss. Auf Einladung des Reeser Geschichtsvereins hielt er jetzt im Bürgerhaus einen öffentlichen Vortrag. 120 Besucherinnen und Besucher kamen und erfuhren, wie überraschend eng die Stadt Rees einst mit der Hanse verknüpft war. Und so versprach Klaus Kuhlen, der stellvertretende Vorsitzende des Geschichtsvereins, zu Beginn des Abends: „Heute wird aus der heimlichen Hansestadt die offizielle Hansestadt Rees.“

Zunächst dankten Bürgermeister Sebastian Hense und Dr. Veit Veltzke dem Reeser Heimatforscher Heinz Belting, der im Frühjahr 2023 erste Beweise für die Reeser Hanse-Vergangenheit vorgelegt hatte. Über Ludwig Maritzen, Sekretär der Hanse-Gilde Wesel, und Dr. Heiko Suhr vom Weseler Stadtarchiv brachte Heinz Belting in Erfahrung, dass die Stadt Rees ab September 1540 an der Gründung einer klevischen Hanse unter Führung der Stadt Wesel beteiligt war, zu deren Hauptgeldgebern zählte und auch vier Hansetage ausrichtete.„Bis zum Mai 1618 wurde der Name Rees in Verbindung mit der Hanse erwähnt, das sind immerhin 78 Jahre“, sagte Belting. „Danach ist die Hanse auch in Lübeck sanft zu Ende gegangen, weil niemand mehr zu Hansetagen erschien. Das hatte mit dem Beginn des 30-jährigen Krieges zu tun.“

Dr. Veit Veltzke konnte nun durch die Studien vieler weiterer Quellen nachweisen, dass die wirtschaftlich einst bedeutende Rheinstadt Rees nicht bloß ein Zahlmeister der klevischen Städtehanse war, sondern auch Einfluss auf deren Entscheidungen nahm, und dass die Händler, Kaufleute und betuchten Kunden auf dem Reeser Marktplatz durchaus von der Hanse-Zugehörigkeit und die Kontakte zu weltweiten Niederlassungen profitierten.

Der Historiker wies nach, dass Rees„ im Rahmen einer generellen Deklarierung der Beistädte als hansisch durch Lübeck 1547/60 bestätigt wurde.“ Außerdem belegte er eine Reeser Beteiligung an hansischen Aktivitäten, die bereits im 15. Jahrhundert und früher stattfanden. So fertigte der Nimwegener Stadtsekretär Henrick Poeyn beim Lübecker Hansetag 1540 die Abschrift eines Registers aus Brügge an. Darin hieß es: „Dyt syn die gemeyne Stede van der duytzschen Anzen (Hanse)“. Unter den klevischen Städten tauchen dort auf: „Wesell, Duysborch, Ress, Kalker, Orsoy, Dynslak, Embrick, Cleve, Xanten.“ Rees wurde also immerhin an dritter Stelle genannt.

Veltzke erinnerte auch an die Familie „von Reesen“, die von Rees aus zu einer europaweit agierenden Handelsgesellschaft anwuchs: „Für den Aufstieg dieser Fernkaufleute dürften bereits bestehende Handelskontakte innerhalb der prosperierenden Stadt Rees das Sprungbrett gewesen sein“, erklärte der Historiker. Der vielleicht prominenteste Spross war Bernhard von Reesen, der im Frühjahr 1521 in Antwerpen sogar von seinem Freund Albrecht Dürer porträtiert wurde. Bernhards jüngerer Bruder Heinrich ließ ein riesiges Handelsschiff, den „Michel von Danzig“ bauen, das bis zu 8000 Tonnen Frachtgut nach Portugal bringen konnte.

Dr. Veltzke zeigte Bilder und Querschnitte von vergleichbaren Schiffen aus jener Zeit, darunter auch die Kamper Kogge, ein nach alten Plänen gebautes Segelschiff. Diese Kogge gilt als besondere Attraktion bei modernen Hansefesten. „Und vielleicht macht die Kamper Kogge zur 800-Jahr-Feier der Stadt Rees auch an der Rheinpromenade fest“, steckte Dr. Veltzke hohe Ziele für das Jubiläumsjahr der Stadt im Jahr 2028. Ohnehin sei die historische Stadtmauer ein „Pfund, mit man bei Hansefesten wuchern kann“, erklärte der Referent und empfahl Festspiele vor mittelalterlicher Kulisse.

Auch Heinz Belting, der einst das moderne Nachtwächterwesen in Rees aufflammen ließ, freute sich auf künftige Hansefeste: „Lasst uns Gedanken machen über ein eigenes Hansekostüm, mit dem wir uns an Umzügen beteiligen.“

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