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DÜSSELDORFER IMMOBILIENPROJEKTE Düsseldorf: „Wir müssen uns dem Markt stellen“

Der Wohnungsbau muss vorangetrieben werden. Angesichts von Inflation, hohen Bauzinsen und Handwerkermangel erwarten die Experten des Roundtables jedoch so schnell keine Besserung. Es gibt aber Gründe zur Zuversicht.

Benjamin Müller-Driemer, Leiter des Key-Account Managements der RP, begrüßte die Teilnehmer des Roundtables. FOTOS: ANNE ORTHEN

Catella-Chef Klaus Franken hatte die Pleitewelle in der Branche schon bei der vergangenen Immobilien-Runde im Frühjahr vorausgesagt. Und nun? „Wir haben jetzt einen Markt mit Zinsen, die sich vervierfacht haben. Das, was gestern war, kann heute nicht mehr funktionieren. Auch bei unseren Projekten müssen wir mehr Eigenkapital einbringen, als das in der Vergangenheit der Fall war. Wir müssen uns dem stellen“, sagt er bei der jüngsten Ausgabe der „Düsseldorfer Wohnprojekte“ im Konferenzsaal der Rheinischen Post. Franken findet gewohnt deutliche Worte: „Insolvenzen bedeuten eine Wertkorrektur, wir sollten es als positives Zeichen sehen. Sie zeigen, dass der Markt funktioniert und wieder Neues entstehen kann.“ 

Klar ist für ihn: „Mit alten Immobilien kann ich keine Wirtschaftlichkeit mehr darstellen. Sie verlieren an Wert bis zu 50 Prozent.“ Mit neuen energetisch klugen Projekten wie etwa der „Seestadt“ in Mönchengladbbach ließen sich jedoch gute Renditen erzielen.  Die höchsten Kosten für Projektentwickler seien nach wie vor die staatlichen Abgaben, die mit 37 Prozent zu Buche schlagen. Hier müsse die Politik handeln und etwa die Grund- und die Umsatzsteuer senken. 

Mehr Wohnraum nötig

Wie Matthias Spormann beobachtet, steigt die Nachfrage nach Immobilien zwar wieder allmählich an, jedoch scheitert mancher Kauf an der Finanzierung. Das Problem: „Oft wird das Mietmodell mit dem Kauf verglichen, wobei dieser Vergleich hinkt. Denn mit dem Eigentum habe ich zum Beispiel den Grundstein für die Altersvorsorge gelegt. Ziehe ich nach zehn Jahren aus der Mietwohnung aus, stehe ich mit leeren Händen da. Zumal die Mieten enorm gestiegen sind.“ Der Düsseldorfer Immobilienexperte ist sich sicher: „Wir werden durch die vielen Insolvenzen derzeit in eine enorme Verknappung von Wohnraum hineinrauschen. Das einzige, was helfen kann, ist mehr Wohnraum zu schaffen. Doch genau das wird gerade nicht gemacht.“ Viele Käufer seien aktuell oft verunsichert – was gar nicht sein müsse, findet Stefanie Adams-Pescher. „Was in den Medien publiziert wird, verängstigt die Menschen nur noch mehr. So kaufen viele Menschen nicht mehr, obwohl sie eigentlich kaufen könnten und würden, denn es gibt genügend Geld im Markt.“ 

Was in Sachen Immobilien oft vergessen werde: „Wenn sie gut instand gehalten werden, steigt der Immobilienwert und man bekommt beim Verkauf immer mehr Geld heraus als beim Kauf. Doch wenn Politik und Medien nicht erklären, wie ich mein Haus zu sanieren habe und welche Möglichkeiten und Chancen es gibt, wird die Verunsicherung bleiben.“ 

Alexander Schlömer (KSK-Immobilien) sieht hier noch eine große Diskrepanz: „Bei den Annuitäten liegen wir teilweise bei sechs Prozent. Selbst bei dem aktuellen Mietpreisniveau lassen sich aber gerade einmal vielleicht vier Prozent Rendite erzielen. Die geplante Einführung der degressiven AfA auf wohnwirtschaftliche Neubauimmobilien hilft immerhin, eine Investition wieder deutlich attraktiver zu machen.“ Jedoch bleibe ein Dilemma: Infolge der hohen Zinsen kämen gerade die Preise von Bestandsbauten stärker unter Druck. „Das betrifft meist Verkaufswillige, die sich im Wohnraum verkleinern möchten, also häufig Menschen im Alter zwischen 50 und 60 Jahren. Wenn deren Bestandsimmobilien weniger nachgefragt werden, verlieren die Eigentümer in hohem Maß an Kaufkraft“, so Schlömer, der über 30 Neubauprojekte in den Speckgürtellagen betreut. „Das größte Hemmnis ist hier die Ungewissheit der Menschen, die sich fragen: Wie viel ist meine Bestandsimmobilie wert und macht ein Verkauf überhaupt Sinn?“ 

System wird weiter belastet

Dass sich die Marktlage wieder entspannt, sehen manche am Tisch nicht. „Man muss realistisch sein, es wird erstmal nicht besser“, ist Ralf Vorrink (Interboden) überzeugt. „Unser Drei-Stufen-System aus ,Hersteller, Handel und Unternehmer‘ wird weiter belastet. Da sind die Preise auch durch die Senkung der Mehrwertsteuer auf Gas nicht spürbar nach unten gegangen. Doch wenn diese 2024 wieder steigt, werden auch die Preise wieder hochgehen. Das ist wirklich eine Quadratur des Kreises. Die einzige Hoffnung, die ich habe, ist, dass die Unternehmer durch die nicht mehr vorhandenen Aufträge ihre Marge deutlich reduzieren.“ 

Daniel Korschill (Bonava) hat genau das getan: „Die Vergaben in den letzten Monaten sind wesentlich günstiger ausgefallen. Das haben wir auf unsere Produkte umgelegt. Diese Einsparungen bei Bauleistungen sind aber zeitlich begrenzt.“ Gerade mit Blick auf die steigenden Mieten sei immer noch der richtige Zeitpunkt, zu investieren. 

Auch von städtischer Seite ist die Lage weit weniger hoffnungslos als vielfach dargestellt, berichten Planungsdezernentin Cornelia Zuschke und die Leiterin der Bauaufsicht, Ulrike Lappeßen. „Die Baugenehmigungen laufen im Moment noch weiter, wir genehmigen nicht wesentlich weniger als zuvor.“ Mit einigen großen Flächen in privater Hand habe die Stadt jedoch Probleme. Mit dem 14-Punke-Plan des Baugipfels sei hier nicht viel erreicht. „Solange wir nicht schnell und effizient ins Spekulationsgeschäft eingreifen können, wird das Bauen teuer bleiben. Denn hohe Flächeneinkäufe haben zu teuren Projekten geführt, nicht nur die aktuellen Preissteigerungen.“ Hohe Zinsen habe es auch zu anderen Zeiten gegeben. Da seien aber die Grundstücke günstiger gewesen. „Den Mut zum Kaufen darf man dennoch nicht verlieren“, sagt Zuschke. Dabei ist ihr eines noch sehr wichtig zu betonen: „Wir müssen aufhören, die Dinge linear und einzeln zu betrachten, sondern uns gemeinsam mit der Bau- und Wohnungswirtschaft die Frage beantworten: An welcher Stelle kommen wir gemeinsam weiter?“ Dabei wolle die Stadt gern unterstützen. 

Bernd Meier (Hüttig & Rompf) sieht auch die Politik in der Pflicht: „Die Grundlage für alles ist Planungssicherheit. Die fehlt derzeit vielen Verkäufern und Käufern.“ Auf dem Wohnungsgipfel wurde die Effizienzhaus-Stufe von 40 wieder auf 55 zurückgesetzt, weil der höhere Standard durch das Heizungsgesetz laut Wirtschaftsministerium nicht mehr nötig ist. Das Problem: „Viele Projekte waren schon seit Jahren auf KfW 40 ausgelegt. Diese totale Verunsicherung führt zu komplettem Stillstand“, sagt Meier. Es lohne sich auch mal ein Blick in die Niederlande, die diese Probleme viel besser lösen würden.

Klaus Franken begegnet hierzulande immer wieder die berüchtigte „German Angst“, welche zu einer Baubremse führe, die es in anderen Ländern nicht gebe. „Allerdings machen wir uns auch selber das Leben schwer mit unserer überbordenden Regulierung. Wir müssen deutlich praktischer werden“, sagt er. Dann würde er auch gerne auf die staatliche Förderung verzichten.

Langfristige Förderung nötig

In dem Zusammenhang berichtet Alexander Schlömer: „Für den Immobilienmarkt insgesamt war es sehr unglücklich, dass die Förderung in vielen Bereichen auf einmal gekürzt wurde. Wenn schon eine Förderkulisse angeboten wird, bedarf sie auch einer langfristigen Verlässlichkeit. Denn die Planungen sind ja auf Jahre angelegt.“ Hier hätte es die Regierung bei KfW 55 belassen sollen.

Viele Teilnehmer am Runden Tisch fordern mehr Bürokratieabbau statt neuer Vorschriften. Cornelia Zuschke lässt das so pauschal nicht gelten: „Alle jubeln beim Stichwort Bürokratieabbau. Wenn wir ihn haben wollen, müssen wir auch genau benennen, was uns Rechtssicherheit schafft und was bremst.“ CHRISTIAN HENSEN

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