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Unsere Heimat - Emmerich, Rees, Hamminkeln, Isselburg, Wesel Blasorchester Praest und King's Lynn Town Band: Mehr als 40 Jahre musikalische Freundschaft

Jubiläumskonzert: 40 Jahre Partnerschaft zwischen dem Blasorchester Praest und der King's Lynn Town Band - Wegen Corona wird das Jubiläum erst jetzt im Mai mit einem Konzert im Emmericher Stadttheater gefeiert.

Mitglieder des Blasorchesters Praest besuchten 2016 ihre Freunde von der King's Lynn Town Band in England.

Musik überwindet Grenzen. Das zeigt die über 40-jährige Freundschaft zwischen dem Blasorchester Praest (BLOP) und der King's Lynn Town Band, die durch gegenseitige Besuche gepflegt wird. Am 26. Mai -wegen Corona verspätet - wird das 40-jährige Jubiläum mit einem gemeinsamen Konzert im Stadttheater Emmerich gefeiert.

Die älteste Emmericher Städtepartnerschaft ist jene mit King's Lynn, die auf Anregung des damaligen Stadtdirektors Dr. Hado Ebben bereits 1978 gegründet wurde. In diesem Jahr fuhr erstmals eine Gruppe Emmericher im Rahmen der Städtepartnerschaft ins britische King's Lynn. Der lange Schatten des Krieges war in den Hinterköpfen noch präsent, doch man suchte einen versöhnenden Neuanfang, wollte die Freundeshand ausstrecken. Viele begrüßten den Schritt in eine neue Zukunft. Er bedeutete, im direkten Kontakt mit Engländern eine Tür des Verstehens zu öffnen und in gegenseitigen Besuchen Gastfreundschaft anzubieten. Die Idee wurde umgesetzt in einem breiten Schüleraustausch und vielseitigen Kontakten in Vereinen.

Die erste Idee für eine Freundschaft zwischen einem Emmericher Orchester und der Kings Lynn Town Band entstand im Jahr 1980 vonseiten der englischen Musiker. Die Mitglieder des Blasorchesters Praest erklärten sich bereit, die King's Lynn Musiker für ein verlängertes Wochenende einzuladen. So kam es, dass ein Bus aus England im Sommer 1981 auf dem Praester Amtsplatz parkte. Acht Stunden im Bus und zehn Stunden auf der Fähre waren die Briten unterwegs gewesen. Bei Windstärke 10 waren sie über den Kanal geschippert und einige waren noch entsprechend blass um die Nase. Die Gäste von der Insel wurden zu einem„typisch deutschen Essen“ und zu einer Welcome-Party in die Gaststätte „Haus Mey“ eingeladen.

Die Musiker aus Praest erwarteten ihre Gäste dort. Sie hatten ihre älteren Kinder - wegen der englischen Sprachkenntnisse aus der Schule - und den Übersetzungsduden „Langenscheidt Deutsch-Englisch“ dabei und übten vor dem Eintreffen der Besucher schon mal einige Begrüßungsvokabeln.

Der damalige Vorsitzende des BLOP, Bernhard Brömmeling, begrüßte die Gäste in deutscher Sprache, und Leonie Pawlak, Vorsitzende des Freundeskreises Emmerich - King's Lynn, übersetzte in englischer Sprache. Dann wurde gemeinsam gegessen: Sauerkraut, Bratkartoffeln und Schinkenbraten.

Von Anfang an war es Tradition, dass die deutschen Familien englische Musiker mit ihren Partnern und Kindern zum Mittagessen einluden. So wurden dann nach den ersten Bierchen die „Paare“ gebildet und man setzte sich zusammen, um sich näher kennenzulernen. Das Eis war gebrochen und beim gemeinsamen „Ententanz“ hatten alle sehr viel Spaß. Die Engländer revanchierten sich mit dem „Hokie Kokie“, einem witzigen Singtänzchen mit Gymnastikeinlagen, vom Armeheben bis zum „Bodenküssen“.

Am Sonntagmorgen fanden Proben statt, weil für den Nachmittag ein gemeinsames Konzert im Stadttheater geplant war.

Nachdem jedes Orchester einige Stücke vorspielte, gaben die insgesamt 90 Musiker gemeinsam „Alte Kameraden“ und „Hootenanny“, damals ein weltweit bekanntes Standardstück für Bläser, zum Besten.

Der Montag stand im Zeichen - von„Sightseeing“ und „Shopping“ und einem gemeinsamen Abschiedsabend - wieder mit Ententanz und „Hokie-Kokie“ - und dem Versprechen, einen Gegenbesuch zu absolvieren. Es wurden Adressen ausgetauscht - einige Kontakte bestehen bis heute.

Seitdem gab es viele Besuche diesseits und jenseits des Kanals - alle drei bis vier Jahre.„Nicht nur auf musikalischer Ebene, sondern auch auf persönlicher Ebene entstanden viele Kontakte und Freundschaften“, erzählt Linda Wittenhorst, seit 2023 erste Vorsitzende des BLOP. Und gleich im ersten Jahr als Vorsitzende stand sie vor der großen Herausforderung.

So eine Fahrt zu planen, sei zwar nicht ganz einfach, aber ihr zur Seite stehe eine Organisationsgruppe, die frühzeitig mit der Planung begann.„Seitdem England nicht mehr zur EU gehört, ist das aufwändiger geworden“, erklärt Linda Wittenhorst, die seit 2003 im Hauptorchester spielt und im Jahr 2006 mit 19 Jahren ihren ersten Besuch in King's Lynn erlebte.

Die Freude auf beiden Seiten über die Besuche ist groß. Die Verständigung stellt kein Problem dar, der Empfang ist immer sehr herzlich und die Treffen finden in gemütlicher und fröhlicher Atmosphäre statt.„Auch, wenn man die englische Sprache nicht so gut beherrscht, man ist durch die Musik mittendrin, fühlt sich als Teil der Gemeinschaft.“

Am 25. Mai reisen die Briten in Emmerich an43 Personen, davon 22 aktive Musiker. Untergebracht werden sie im Hotel Stadt Emmerich. Mit einer Willkommensparty im ehemaligen Martini-Pfarrheim werden sie offiziell begrüßt. Am Sonntagmorgen wird gemeinsam geprobt, danach findet das traditionelle Mittagessen in den einzelnen Familien der Praester Musiker statt. Am Nachmittag um 17 Uhr beginnt im Stadttheater das Jubiläumskonzert. Neben den beiden großen Orchestern hat auch das Praester Jugendblasorchester einen Auftritt. Höhepunkt ist das gemeinsame Spiel der englischen und deutschen Musiker - traditionell wird„Alte Kameraden“ gespielt, aber auch „Music“ von John Miles und „The cream of Clapton“ von Eric Clapton. Rund zweieinhalb Stunden wird das Konzert dauern.

Für Montag ist eine Planwagenfahrt geplant. Danach finden Ausflüge in der Umgebung statt oder ein gemütlicher Aufenthalt an der Rheinpromenade. Abends wird im Landhaus„Zu den drei Linden“ in Praest der Abschiedsabend begangen. Eins steht schon fest: Ohne„Ententanz“ geht es nicht.

„Viele Freundschaften haben sich entwickelt, die auch über die gegenseitigen Besuche hinaus gepflegt werden. Wir teilen Freud und Leid miteinander, gratulieren zu Geburtstagen oder Hochzeiten und nehmen Anteil bei Trauerfällen“, erzählt Linda Wittenhorst. „Diese Freundschaft zwischen uns und den Musikern des King's Lynn Town Orchesters ist etwas Besonderes und sehr Schönes. Wir hoffen, dass sie weiterhin bestehen bleibt und wir auch noch das 50-jährige Jubiläum zusammen feiern können.“

TEXT: MONIKA HARTJES


Geschichte der beiden Orchester

BLASORCHESTER PRAEST

Das Blasorchester Praest bei einem seiner zahlreichen Auftritte.
Das Blasorchester Praest bei einem seiner zahlreichen Auftritte.

Das Blasorchester Praest feierte im vergangenen Jahr sein 70-jähriges Bestehen. Den Grundstein legten die vier Musiker Hans Steltjes, Willi Verbücheln, Albert Verbücheln und Leo Schoofs. Im Jahr 1953 trafen sie sich erstmals zu gemeinsamen Proben im Hause te Wildt-Weeting in Praest-Berg. Noch im selben Jahr fand die erste offizielle Versammlung statt.

Die Mitgliederzahl des neu gegründeten Orchesters stieg stetig.

Es gab Einzelunterricht, die gemeinsamen Proben fanden freitags im„Stübchen“ bei Jan Mey statt. Die musikalische Leitung hatte anfangs Johannes Franz senior, der später von seinem Sohn Helmut abgelöst wurde. Zum ersten Mal in der Öffentlichkeit präsentierte sich das BLOP im Rahmen des Praester Martinszuges im November 1953. 1954 waren sie dann als musikalische Begleitung zum Dornicker Schützenfest eingeladen.

1955 übernahm Hans Franz die musikalische Leitung. Im Jahr darauf gab es das erste große Konzert im Praester Jugendheim. In den 60er Jahren machte sich das BLOP auch schnell über die Grenzen der Stadt Emmerich hinaus einen Namen. Unter anderem hatte es Auftritte beim Bundesschützenfest 1964 in Düsseldorf-Kaiserswerth und 1967 beim Internationalen Grenzland-Musikfest in Emmerich. Am 30. Mai 1970 luden die Blasmusiker zum ersten Mal zu einem Frühjahrskonzert ins Emmericher Stadttheater ein. Heute gehören 68 aktive Musiker zwischen 15 Jahren und Anfang 70 dem Orchester an.

KING'S LYNN TOWN BAND

Eine der Formationen der Kings Lynn Town Band.
Eine der Formationen der Kings Lynn Town Band.

Im Jahr 1981 wurde der Grundstein gelegt für die Orchester-Partnerschaft mit der King's Lynn Town Band aus der englischen Partnerstadt King's Lynn, gelegen in der Grafschaft Norfolk. Die Musiker aus Ost-England waren in Praest zu Gast und traten gemeinsam mit den Praester Musikern beim Frühjahrskonzert im Stadttheater auf. Im darauffolgenden Jahr erfolgte der Gegenbesuch.

Die King's Lynn Town Band ist bereits um einiges älter als das Emmericher Orchester. Beginnend mit den mittelalterlichen Town Waits, den Stadtwachen, besitzt das Städtchen King's Lynn eine alte Tradition von Bläsergruppen. Mit Erfindung der Ventile bei den Blechblasinstrumenten, die auf das frühe 19. Jahrhundert datiert wird, wurden in Großbritannien viele „Brass Bands“, das sind reine Blechblasorchester, gegründet.

Im Jahr 1894 gründeten Amateurmusiker die King's Lynn Town Band. Es gab zahlreiche Auszeichnungen: 1954 wurde die Band ostenglischer Meister und verteidigte diesen Titel in den nächsten drei Jahrzehnten mehrmals erfolgreich. Es erfolgten Auftritte in Radio und Fernsehen. Zu den Höhepunkten des Orchesters zählen aber auch die Besuche in Deutschland, wo sie mit dem Praester Blasorchester Konzerte geben.

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