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GEMEINSAM FÜR DEN SPITZENSPORT Dormagener Handballer: WM-Titel krönt überragende Nachwuchsarbeit

Die Handballer feiern den frühzeitigen Klassenerhalt und den Titelgewinn von Sören Steinhaus bei der U21-Weltmeisterschaft.

Der TSV Bayer Dormagen, hier mit Lucas Rehfus, konnte unter anderem dank eines Heimsiegs gegen TuSEM Essen den Klassenerhalt in der Zweiten Bundesliga sichern. FOTO: HEINZ J. ZAUNBRECHER

Im Frühsommer hatten sie gleich dreifach Grund zu feiern in der Dormagener Handball-Geschäftsstelle am Höhenberg. Da war zum einen - und sicher am wichtigsten - der im Vergleich zur Vorsaison frühzeitig unter Dach und Fach gebrachte Klassenverbleib in der Zweiten Handball-Bundesliga, gleichbedeutend mit einem geglückten Debüt des vor einem Jahr zum TSV Bayer gekommenen Ex-Nationalspielers Matthias „Matti“ Flohr auf der Trainerbank. 31:41 Punkte reichten in der Abschlusstabelle zu Rang 15 (unter 19 Teams) und einem auf den ersten Blick beruhigenden Abstand von 15 Zählern auf den ersten Abstiegsrang.

„Wir spielen jetzt die sechste Saison in Folge in der stärksten Zweiten Liga der Welt, darauf können wir stolz sein“, zieht Handball-Geschäftsführer Björn Barthel ein zurecht positives Fazit unter eine wechselvolle Spielzeit, in der die jüngste Mannschaft der Liga freilich nicht immer, vor allem in Heimspielen, den Ansprüchen gerecht wurde - auch nicht den eigenen. Deshalb, und weil den sieben Spielern, die den Verein am Saisonende verließen, nur drei Zugänge gegenüberstehen, stellt Matthias Flohr mit Blick auf die am 1. September mit dem Heimspiel gegen den TuS N-Lübbecke startende neue Spielzeit fest: „Für uns geht es einzig und allein um den Klassenerhalt.“

Zweiten Grund zum Feiern bot die überaus gelungene Jubiläumsaktion: 1993 erreichte der TSV Bayer Dormagen überraschend die Finalspiele im EHF-Europapokal und im DHB-Pokal. Zwar gingen beide, sowohl gegen die spanische „Weltauswahl“ aus Santander als auch gegen den Deutschen Meister SG Wallau-Massenheim, verloren, doch bedeuten sie unbestritten - und voraussichtlich auf ewige Zeiten - die größten Erfolge der Vereinsgeschichte. 30 Jahre später trafen sich die „Helden von einst“ um Andreas Thiel, Karsten Kohlhaas, Maik Handschke, Michael Klemm und die Dormagener Eigengewächse Dieter Springel, Klaus Dyllong, Norbert Nowak (reiste eigens aus den USA an) und das damalige Trainergespann „Hade“ Schmitz und Michael Biegler im Bayer-Sportcenter wieder und erlebten rund um das Meisterschaftsspiel gegen TuSEM Essen einen für alle unvergesslichen Abend. „Wir Handballer tun uns ein bisschen schwer mit der Traditionspflege, da können wir eine Menge vom Fußball lernen“, sagt Walter Haase, selbst in allen Handball-Ehren ergrautes Mitglied im sportlichen Kompetenzteam des TSV. „Das war ein guter Anfang, aber wir müssen da am Ball bleiben.“

Den dritten Grund lieferte Anfang Juli Sören Steinhaus. Der 19 Jahre alte Rückraumspieler bescherte den Dormagenern den ersten Weltmeistertitel für einen Akteur im Bayer-Trikot. Dass er sich im Abschlusstraining vor dem Viertelfinale am Fuß verletzte und so den finalen Triumphzug der deutschen U21-Nationalmannschaft bei der WM im eigenen Land mit dem berauschenden 30:23-Finalsieg über Ungarn vor 8235 Zuschauern in der ausverkauften Berliner Max-Schmeling-Halle nur von der Tribüne aus erlebte, tat der Freude keinen Abbruch. Beim Feiern war der mit seinen 197 Zentimetern nicht zu übersehende Schlaks mittendrin statt nur dabei. In den Augen von Martin Heuberger zu Recht: „Wir haben einen absolut gleichwertigen 18er-Kader, da tut es mir jedes Mal weh, wenn ich zwei Spieler auf die Tribüne schicken muss“, stellte der Nachwuchs-Bundestrainer schon während des Turniers fest. Steinhaus sieht es ähnlich: „Jeder im Team wusste um seine Rolle und hat sich entsprechend eingebracht. Wir haben einen einzigartigen Teamspirit entwickelt, deshalb waren wir auch so schwer zu schlagen.“ Mit seinem Geburtsdatum 15. Dezember 2003 war Sören Steinhaus nicht nur der jüngste Spieler, sondern zusammen mit dem ebenfalls in Dormagen ausgebildeten Christian Wilhelm vom HCE Rostock der einzige Zweitliga-Akteur in Heubergers Kader.

In den Augen von Björn Barthel ist der WM-Triumph und die im Laufe der Titelkämpfe entfachte Euphorie - das Finale sahen mehr als eine Million Fernsehzuschauer live - eine Bestätigung, dass es sich lohnt, in die Nachwuchsarbeit zu investieren: „Wir leben das vor“, sagt der Handball-Geschäftsführer - wohl wissend, dass die Früchte der exzellenten Ausbildung meist die Erstligisten ernten. Jüngstes Beispiel ist Kreisläufer Aron Seesing, der vom Höhenberg zum Bergischen HC wechselt und dort in Lukas Stutzke und Eloy Morante Maldonado zwei weitere Ex-Dormagener trifft.

Die Erfolge der vergangenen zehn Jahre geben Barthel recht: 2012 eröffneten Simon Ernst und Moritz Preuss mit ihrem Sieg bei der U18-Europameisterschaft den Dormagener Medaillenreigen. 2018 wurden Janis Boieck, Lukas Stutzke und Eloy Morante Maldonado Dritte bei der U20-EM, ein Jahr später kehrte Julian Köster mit Silber dekoriert von der U19-Weltmeisterschaft zurück. Und 2022 wurden Aron Seesing, Lennart Leitz und Sören Steinhaus U19-Europameister. Ob eine Fortsetzung folgt, hängt nicht zuletzt davon ab, ob der TSV Bayer auch die sechste Zweitliga-Saison in Folge unbeschadet übersteht. VOLKER KOCH

INFO

FOTO: HÜTER
FOTO: HÜTER

WM-Duo
Neben den Erfolgen im Nachwuchsbereich hat der TSV Bayer Dormagen im Brüderpaar Patrick (28 Jahre, im Bild rechts) und lan Hüter (25) auch zwei WM-erfahrene A-Nationalspieler in seinen Reihen

US-Duo
Aufgrund einer doppelten Staatsbürgerschaft - ihre Mutter ist US-Amerikanerin - läuft das Duo für die USA auf und belegte bei seinem WM-Debüt im Januar Rang 20.

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