RP FORUM UNABHÄNGIGE VERMÖGENSVERWALTER Anlagethemen im Fokus der Spezialisten

Immer wieder gibt es Trends, die erfolgversprechend sind. Anleger hoffen, einen Mehrwert zu bekommen, wenn sie ihnen folgen. Doch welche Trends sehen die Unabhängigen Vermögensverwalter? Ein Blick in die Ideenschmieden.

Unabhängige Vermögensverwalter und weitere Anlagespezialisten trafen sich beim RP Forum, um Themen zu diskutieren, die für Anleger derzeit wichtig sind. FOTOS: ALOIS MÜLLER

Wenn jemand einen Überblick darüber hat, welche Anlagethemen die W professionellen Vermögensverwalter gerade als chancenreich ansehen, dann ist es Dirk Grosshans von Universal Investment. Die Gesellschaft legt als Fondsplattform die Fonds auf, die die Vermögensverwalter initiieren. Universal Investment ist im Bereich der Private Label-Fonds mit Abstand Marktführer in Deutschland. Der erfahrene Spezialist in Sachen Fonds-Services weiß also, was die Fondsinitiatoren gerade bewegt. „Noch vor zwei Jahren waren zum Beispiel Investments in den Krypto-Assets ein gefragtes Thema für Fondsneuauflagen. Derzeit gibt es kaum diesbezügliche Anfragen nach neuen Fondsstrukturen, in denen Kryptoassets wesentliche Bausteine sind“, stellte der Experte fest.

Er beobachtet aber einen zunehmenden Trend zu Themenfonds - und dass bei substanziellen Abwertungen beziehungsweise Korrekturen am Markt das Interesse steige, neue Fonds mit einem klaren Themenbezug aufzulegen. „Die Kurse werden nach Abwertungen am Markt oftmals als gute Einstiegsmöglichkeit erachtet“, begründete Grosshans diese Entwicklung beim RP Forum Unabhängige Vermögensverwalter. Beispielsweise beobachtete er in den zurückliegenden Monaten, geprägt durch das veränderte Zinsumfeld, das Interesse bei Fondsinitiatoren, Laufzeitenfonds aufzulegen, die durch eine zeitlich befristete Laufzeit charakterisiert sind. Generell schauen sich nach seiner Beobachtung die Profis die Märkte und Zyklen an, immer auf der Suche nach Trends und möglichen neuen Strukturen beziehungsweise Bedürfnissen der Anleger für zeitgemäße Anlagestrategien.

Markus Stillger (MB Fund Advisory) sieht die Aufmerksamkeit für Trends kritisch. „Jedes Jahr wird eine neue Sau durchs Dorf getrieben“, zitierte er eine geläufige drastische Redensart. „Geldanlage erfordert Disziplin und Durchhaltevermögen“, riet er hingegen und empfahl eine antizyklische Strategie: „Dinge kaufen, die niemand haben will, sich aber auch davon trennen, wenn alle jubeln.“

Es gebe aber auch Trends, die nicht mehr wegzudenken seien, entgegnete Melanie Fulczyk (Pegasos Capital) und verwies auf langfristige Technologiezyklen, beispielsweise auf die noch junge Blockchain-Technologie. „Unternehmen, die damit arbeiten, sind meist agiler und innovativer als andere.“ Als Beispiel nannte sie eine große Supermarktkette, die mit Hilfe der Blockchain ihre Qualitätsprüfung zur Nachverfolgung der Lieferanten innerhalb weniger Sekunden nachvollziehen kann - im Gegenteil zu der früher händischen Recherche. „Das ist bei verderblichen Produkten ein wichtiges Thema und eine große Erleichterung der Prozesse.“

„Das Problem ist: Wann kauft man was?“, warf Thomas Hünicke (WBS Hünicke Vermögensverwaltung) ein und verwies als Beispiel auf die Apple-Aktie. Wer die Papiere des iPhone-Herstellers vor 20 Jahren gekauft habe, könne sich glücklich schätzen. Jens Hartmann (ficon Vermögensmanagement) wertet Blockchain ebenfalls als spannende Story, auch künstliche Intelligenz (KI). „Sie wird als Technologie bleiben und weitere Verbreitung finden, gerade wird hier viel investiert.“ Allerdings sei noch offen, welche Firmen langfristig davon profitieren, „und einige Aktien sind schon zu heiß gelaufen“.

Welche Trends sind derzeit für Anleger relevant? Darüber gibt es unter den Experten unterschiedliche Meinungen.
Welche Trends sind derzeit für Anleger relevant? Darüber gibt es unter den Experten unterschiedliche Meinungen.

Man dürfe auch nicht vergessen, dass KI bei vielen Unternehmen nur einen recht kleinen Anteil am Umsatz ausmacht, erläuterte Nicolas Pilz (Societas Vermögensverwaltung). So hänge der zukünftige Unternehmenserfolg damit auch nicht ausschließlich vom Thema KI ab. „Wie immer bei Trendthemen, schauen Anleger meist nicht mehr so genau hin und wollen schlicht und ergreifend einfach mit dabei sein.“

Stillger hält hingegen KI für einen Modebegriff und sieht sie neben den ETFs als „zweiten Feind der Vermögensverwalter“. Roboadvisors, die meist auf ETFs setzen, haben ja in der Vermögensverwaltung viel Beachtung gefunden. Aber Michael Gillessen (Pro Boutiquen-Fonds) wies darauf hin, dass klassische Vermögensverwalter im Schnitt deutlich besser abschneiden. Im Übrigen ist Gillessen der Ansicht: „Trends werden sich entwickeln. Aber man muss einen langen Atem haben.“

„In der heutigen digitalen Landschaft hat die KI einen festen Platz eingenommen, insbesondere im Bereich der Cybersecurity“, meinte wiederum Ingo Scheper (ICM Investment Bank). „Der Cybersecurity-Markt erfährt ein beeindruckendes und stetiges Wachstum. Schätzungen zufolge könnte er bis 2028 einen Wert von rund 250 Milliarden Euro erreichen. Daher haben wir bei der Universal - Investment-Gesellschaft einen neuen Cybersecurity Leaders Fonds aufgelegt, um in diesem Wachstumsmarkt präsent zu sein.“

Einen langen Atem muss man auch bei Rohstoffen haben. „Derzeit liegen die Preise am Boden“, stellte Thomas Ziemann (Spiekermann & CO) fest, „aber langfristig dürften sie wieder nach oben gehen“. Daher steige die Vermögensverwaltung Spiekermann jetzt wieder ein. Mit Blick auf die Prognosen und Glaskugeln angesichts der aktuellen Krisen bleibt Ziemann gelassen. „Wenn wir uns von den europäischen Märkten fernhalten, sind Energie- und politische Krisen von geringerem Gewicht.“ Die Inflation und steigende Zinsen stellten insbesondere in Europa eine Gefahr dar, weniger in den USA, da dort schon über Zinssenkungen gesprochen werde. Und dort könne ein kommender Wahlsieg der Republikaner die Aktienmärkte sogar noch beflügeln.

VON JÜRGEN GROSCHE

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