RP FORUM UNABHÄNGIGE VERMÖGENSVERWALTER Strategie: Was Anlegern wichtig ist

Konservativ oder risikofreudig - Anleger unterscheiden sich in ihren Profilen. Worauf sie achten und welche Rolle Indizes dabei spielen - auch darüber tauschten sich die Experten beim RP Forum Unabhängige Vermögensverwalter aus.

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In unübersichtlichen Zeiten suchen Anleger Sicherheit, beobachtet Thomas Hünicke (WBS Hünicke Vermögensverwaltung). Insbesondere ältere Kunden schätzen konservative Depots mit einem höheren Anleihen-Anteil. „Hier erstklassige kommen Unternehmensanleihen in Frage“, sagte Hünicke. „Immerhin bieten sie eine höhere Verzinsung als Festgeld- oder Tagesgeldkonten.“ Nicolas Pilz (Societas Vermögensverwaltung) bestätigte das: „Anleihen haben den Vorteil, dass sie die Rendite über vier, fünf Jahre sichern; Festgelder tun das nicht. “Mit der Sicherheit ist das so eine Sache. Markus Stillger (MB Fund Advisory) verwies darauf, dass Anleger häufig das Jahr 2008 vergessen, als die Pleite der Investmentbank Lehman Brothersviel Vermögen vernichtete und zahlreiche Banken mit in den Abgrund riss. Michael Gillessen (Pro BoutiquenFonds) ergänzte, dass die Einlagensicherung 2008 nicht in der Lage gewesen sei, die Lehman-Anleger aus vorhandenen Rücklagen zu entschädigen. „Was würde passieren, wenn heute eine Großbank scheitern würde?“ Ein Gefühl der Unsicherheit beschleicht auch heute die Anleger. „Die Kunden sind beunruhigt“, stellt Thomas Ziemann (Spiekermann & CO) fest. Hinzu sind ja Themen wie Inflation und ungewisse politische Entwicklungen gekommen. „Die Anleger suchen Erklärungen, der Gesprächsbedarf ist höher.“

Die Experten diskutierten beim RP Forum auch über die Präferenzen der Anleger und die Bedeutung von Indizes. FOTO: ALOIS MÜLLER
Die Experten diskutierten beim RP Forum auch über die Präferenzen der Anleger und die Bedeutung von Indizes. FOTO: ALOIS MÜLLER

Viele vertrauen bei ihren Investments den großen Indizes, insbesondere dem deutschen Leitindex Dax. Der hat nach Ansicht von Stillger noch Aufholpotenzial. Er sei zwar weit gestiegen, aber im Dax sind anders als bei anderen Indizes die Dividenden eingerechnet. „Der Dax-Kursindex befand sich 2022 hingegen immer noch auf dem Niveau von 2000“, sagte Stillger. So werde die Autoindustrie totgeredet, aber etwa die Porsche-Holding habe ein Kurs-Buchwert-Verhältnis von 0,2. „Da liegt ein Portemonnaie mit zwei Einhundert-Euro-Scheinen zum Preis von 99 Euro im Schaufenster inclusive Inhalt - es bieten sich da historische Chancen“, ist der Vermögensverwalter überzeugt.

Hünicke wies darauf hin, dass die Dax-Unternehmen zum großen Teil in ausländischen Händen liegen. Aus Sorge vor einer Gaskrise seien 2022 viele Investoren ausgestiegen. Deutschland habe aber das Problem „mit Bravour gemeistert“, und so sei das Geld wieder zurückgekommen.

„Die Index-Performance ist trügerisch“, warnte indes Jens Hartmann (ficon Vermögensmanagement). Sie werde in vielen Indizes durch große Einzelwerte getrieben, der Dax zum Beispiel durch SAP. „Diese Verzerrung müssen wir erklären.“ Denn darin liegen - so der Vermögensexperte - auch Chancen. „Viele Werte haben bei der Index-Entwicklung nicht mitgespielt und sind derzeit günstig“, sagte Hartmann.

VON JÜRGEN GROSCHE

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