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Unternehmen am Niederrhein Wie Ruhrort umweltneutral werden soll

Umweltneutral zu sein ist noch weitaus mehr als ,,nur" klimaneutral. Bis 2029 soll Ruhrort in einen Zustand versetzt werden, der keine Auswirkungen auf die Biosphäre mehr hat. Jetzt wurde dafür eine Projektgesellschaft gegründet.

Ruhrort aus der Luft gesehen: In der Mitte ist der zu erkennen. Haniel-Campus Haniel war von Anfang an Mitinitiator des Projekts, das bis 2029 umgesetzt werden soll. Foto: Haniel

Von Mike Michel

Mit dem Ziel, den Stadtteil Duisburg-Ruhrort nachhaltig zu transformieren und damit „enkelfähig“ zu machen, gehe das ambitionierte Vorhaben nun in die Umsetzung, so die Beteiligten. Erste Überlegungen zum Vorhaben waren bereits zu Jahresbeginn in Gesprächen zwischen den Firmen Haniel, greenzero.me und Heimat-ERBE entstanden. Die beiden letzteren sind Experten auf dem Gebiet derartiger Transformationen.

Beatrice Kamper wird Geschäftsführerin der Projektgesellschaft. Foto: Koke

Inzwischen wurden die Stadt Duisburg, alle städtischen Gesellschaften, das Land NRW sowie zahlreiche namhafte Unternehmen und Institutionen als Partner gewonnen. Die wesentlichen Beteiligten haben eine Projektgesellschaft gegründet, an der die Gebag 51 Prozent, der Duisburger Hafen zehn sowie Haniel und greenzero.me jeweils 19,5 Prozent halten. Die Geschäftsführung soll Beatrice Kamper, Prokuristin der Gebag, übernehmen.

Zudem seien bereits erste Umweltbilanzen ermittelt, Teilprojekte definiert und Konzepte erarbeitet worden. Ein Schwerpunkt der Tätigkeit werde der Duisburger Hafen bilden. „Wir kennen das Quartier, die Bedürfnisse und die Besonderheiten des Bestandes und können optimal unterstützen, das Leben nachhaltiger und komfortabler zu gestalten", sagte Gebag-Chef Bernd Wortmeyer.

Umweltneutralität geht weit über Klimaneutralität hinaus und umfasst neben Klimaschutz auch Themen wie Sicherung der Biodiversität sowie Schutz der Böden und Gewässer. Dazu seien zahlreiche Projekte geplant - sowohl in den Bereichen Urbanes und Wirtschaft als auch in den Feldern Soziales und Gesellschaft, so die Verantwortlichen. Ziel sei es dabei, auch das Leben der Bürger vor Ort zu verbessern – mit Grünflächen und Freizeitangeboten, nachhaltigen Energielösungen und Fördermitteln. 

Als zentrale Anlaufstelle soll ein Bürgerbüro dienen, das bis Mitte 2023 etabliert werden soll. Dirk C. Gratzel, Gründer von Greenzero, erklärte, Ruhrort umweltneutral weiterzuentwickeln sei ein sehr ambitioniertes Ziel". Denn Umweltneutralität bedeute, alle mit den Methoden der ökologischen Bilanzierung messbaren Umweltwirkungen des Quartiers zu erfassen, sie schnellstmöglich zu reduzieren und die nicht vermeidbaren Anteile durch ökologische Aufwertung auszugleichen. „Ruhrort wird damit das erste Quartier weltweit, das keinen Verschleiß an der Biosphäre mehr verursacht", meint Gratzel.

Einer der treibenden Kräfte war von Anfang an Haniel. ,,Gelingt das Vorhaben, gewinnen nicht nur die Umwelt und die Ruhrorter - sondern das Projekt kann auch international Vorbild für die Transformation urbaner Räume und Gesellschaften werden", so Haniel-Chef Thomas Schmidt.

In der ersten Projektphase ermitteln derzeit Umwelttechniker und Experten für Ökobilanzierung - begleitet von der TU Berlin die laufende Umweltwirkung von Duisburg-Ruhrort. Der Analyseprozess gehe zügig voran. Anschließend werden die Umweltwirkungen nach europäischen Standards monetarisiert, also in Umweltkosten umgerechnet, und liefern so die Basis für das Vorhaben.

Nach ersten Hochrechnungen auf Basis von Daten aus den Bereichen Transport, Energie und Abfall werden in Ruhrort etwa rund 53.000 Tonnen Schwefeldioxid jährlich emittiert. Allein hierfür lägen die Umweltkosten bei mehr als sechs Millionen Euro jährlich, heißt es. Weitere Bereiche wie Verkehr müssten aber noch kalkuliert werden. ,,Auf Basis erster Hochrechnungen gehen wir derzeit davon aus, dass die Umweltkosten in Duisburg-Ruhrort einen dreistelligen Millionen-Eurobetrag jährlich erreichen", sagt Dirk Gratzel.

Um die Umweltwirkungen in Duisburg-Ruhrort zu reduzieren, sollen in den kommenden Jahren über 100 Einzelprojekte realisiert werden. Diese Phase soll von sozial und wirtschaftlich geprägten Vorhaben begleitet werden, die auch die Bürger miteinbeziehen.

Eine umfassende Informationsveranstaltung für Stadtteilvertreter und Bürgervereine ist für Herbst 2022, ein Quartiersfest für Mitte 2023 geplant. Negative Umweltwirkungen, die nach 2029 weiterhin unvermeidbar seien, sollen kompensiert werden. Hierzu erfassen bereits jetzt Ökologen, Landschaftsökologen und Biologen den ökologischen Zustand Ruhrorts. Sie identifizierten dabei auch Flächen und Systeme, an denen ein ökologischer Mehrwert geschaffen werden könne - darunter Häuser, Fassaden, Dächer, Wege, Brachen, Industrieeinrichtungen und Fließgewässer.

Ein zentraler Bestandteil des Projektes soll auch die nachhaltige Entwicklung des Hafens sein: ,,Als größter Binnenhafen der Welt, dessen Anteilseigner zu zwei Dritteln das Land NRW und zu einem Drittel die Stadt Duisburg sind, erfüllt Duisport eine zentrale Funktion zur Daseinsvorsorge. Aber wir muten den Bürgern in Duisburg – und speziell in Ruhrort - auch einiges zu. Ein Hafen erzeugt Lärm sowie weitere Emissionen und zieht Lkw-Verkehre an. Deshalb ist es uns ein ganz besonderes Anliegen, zu zeigen, dass Logistik und Klimaschutz keine Gegensätze sein müssen", erklärte Hafen-Chef Markus Bangen.

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