Häuser entwerfen und die Bauausführung koordinieren – das war einmal ihre berufliche Wunschvorstellung. Nach einem Schnupperpraktikum im Planungsbüro und intensiver Auseinandersetzung mit dem Curriculum eines Architekturstudiums entschied sich Sarah Oertel nach dem Abi anders. Eine Gestaltungsaufgabe am Gebäude - ja; aber eine derart einseitig theorielastige Ausbildung? - nein! Das war ihr eindeutig ,,zu wenig machen, zu wenig Arbeit in konkreten Projekten. "Die Abiturientin besann sich auf eine andere Möglichkeit, die ihr immer plausibler schien, je länger sie darüber nachdachte: ,,Ich war schon als Kind an Papas Arbeit interessiert und habe später an der Seite meines Vaters angepackt, wo es nur ging."
Ihre neue Wahl fiel auf den größten versorgungs- und energietechnischen Handwerksberuf - die Ausbildung zur Anlagenmechanikerin für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik, im familieneigenen Unternehmen. Eine Entscheidung, die Oertel, mittlerweile im dritten Lehrjahr, bislang keine Minute bereut hat. Im Gegenteil – sie hat explizit verworfen, von der Verkürzung der Lehrzeit um ein Jahr Gebrauch zu machen, die Abiturienten zusteht: „Ich will alles von der Pike auf lernen und beherrschen.“ Und als ihr Vater Jörg Oertel einige Monate nach dem Ausbildungsstart mit einem Schreiben der Handwerkskammer, welches für ein „triales" Bachelorstudium in Handwerksmanagement warb, bei seiner Tochter anklopfte, war diese sich schnell sicher: „Das will ich machen!“ Nun peilt Sarah Oertel also in dem zehnsemestrigen Ausbildungs-Studiengang an der Hochschule Niederrhein doch auch akademische Weihen an und durchläuft als Schlussabschnitt dieses integrierten Qualifizierungs-Angebots für angehende Führungskräfte auch die Fortbildung zur Installateur- und Heizungsbauermeisterin gleich mit.
Als angehende Anlagenmechanikerin entwirft Oertel in Zukunft das bau- und versorgungstechnische Innenleben von Gebäuden, plant die zentralen gebäudetechnischen Funktionen und setzt sie um. Im Kern eine Synthese aus baufunktionellen und baugestalterischen Aufgabenstellungen. Die Branche zählt zudem zu den wichtigsten technischen Ausrüstern der Energie- und Klimawende. Der eingeschlagene, ambitionierte Berufsweg der 21-Jährigen hat zwischendurch schon eine erste Bestätigung erfahren. Im Frühsommer würdigten die Handwerkskammer Düsseldorf und die Kreishandwerkerschaft im Beisein von Mönchengladbachs Oberbürgermeister Felix Heinrichs Sarah Oertel als „Lehrling des Monats" Juni 2022 im Handwerkskammer-Bezirk. ,,Eine außergewöhnlich kompetente Auszubildende, technisch wie fachkundlich gleichermaßen versiert, dabei gut organisiert und sehr zielorientiert unterwegs. Eine, die das Anstehende systematisch und akribisch anpackt - und das mit Schwung", lobte Kreishandwerksmeister Frank Mund.
Die Mehrfachanstrengung einer Berufsausbildung mit kombiniertem Vollstudium muss jedoch auch ein Talent wie Oertel erst einmal stemmen: werktags die Mitarbeit als Azubi im Betrieb, dazu die Lernorte Berufskolleg und Überbetriebliche Lehrveranstaltungen, Lehrwerkstatt; Freitag abends und samstags dazu Büffeln, Hausarbeiten, Lerngruppen, Prüfungsvorbereitungen. Ihre berufliche Zielperspektive auf Basis der speziellen Fach- und Führungskraftausbildung läuft konsequenterweise auf eine spätere Firmenverantwortung hinaus. Sie ist sich bewusst, dass da noch eine ganze Strecke mit vielen Herausforderungen und jede Menge an weiterem Verantwortungszuwachs vor ihr liegt.
Zunächst wird Sarah Oertel auf diesem Weg ganz aktuell schon jetzt immer intensiver auch in die unternehmerischen Alltagsanforderungen des Vaters und Firmenchefs einbezogen: Sie wirkt mal an Kostenkalkulationen, mal an arbeitsrechtlichen Fragestellungen mit. Eines noch nicht definierten Tages wird sie dann voraussichtlich selbst das derzeit zehn Mitarbeitende umfassende, ausbildende SHK-Unternehmen leiten, das vor kurzem in einen neuerrichteten Hallen- und Bürokomplex in Odenkirchen umgezogen ist.
Bis es soweit ist, wünscht sich die begabte Junghandwerkerin mehr Zeit mit Freunden, im Fitnessstudio und beim Tauchen, für Heimspiele der Borussia. Und am Ende der intensiven Qualifizierungsstrecke, als Belohnung für die dann erfolgreich bewältigte Anstrengung, gerne auch noch die ersehnte Fernreise - ,,nach Thailand“, verrät Sarah Oertel.
rps
Internet: www.triales-studium.nrw
